Pablo Picasso

1881 Malaga – 1973 Mougins

Keramikeulenkrug „Cruchon Hibou“, 1950 er Jahre

Fayence, am Boden bez. Madoura, Edition Picasso

Keramikeulenkrug „Cruchon Hibou“, 1950er Jahre, Keramik mit weißer, blauer, schwarzer und dunkelbrauner Matt- und Glanzbemalung, vorderseitig die abstrahierte Darstellung einer Eule, Entwurf von 1948, Ausführung der Töpferei Madoura 1950er Jahre, Edition von 500 Exemplaren, unter dem Fuß mit Firmenmarke und Pressstempel Edition Picasso und Madoura Edition Picasso schwarz gemalt, H: ca. 27 cm,

Lit.: Ramié, Georges, Ceramica de Picasso, Barcelona, Abb. S. 278, Nr. 771 oder
Lit.: Mundt, B., Produkt-Design, 1900-1990, Kunstgewerbemuseum, Berlin 1991, Abb. S. 137, Nr. 80

„Er stürzte sich in die Keramik mit der gleichen Leidenschaft, wie in die Malerei, die Bildhauerei und in die Graphik.“ (Daniel-Henry Kahnweiler)

Pablo Picasso war ein vielseitiger Künstler, der sich nicht nur mit einem Material beschäftigte, sondern stets experimentierte und ausprobierte. Und aus jedem seiner gewählten Materialien das Beste hervorholte. 

1946 mietete er sich mit seiner Familie in Golfe-Juan, einem Stadtviertel in Vallauris, eine Wohnung im Haus seines Graveurs.
Einer Traditionsstadt für Töpferwaren. Während des Zweiten Weltkrieges stiegen die meisten Werkstätten dort auf die Herstellung von Kasserollen und feuerfesten Töpfen um. Nach Kriegsende kamen zwar auch Eisen-, Email- und Glasgefäße hinzu. Die Nachfrage nach Tonwaren sank jedoch stark und viele der ansässigen Werkstätten mussten schließen.
Kurz nach seiner Ankunft wurde Picasso von einem heimischen Künstler eingeladen sich die Werkstatt Madoura von Suzanne und Georges Ramié anzusehen, eine der wenigen noch geöffneten Werkstätten im Ort. Sie animierten ihn sich doch selbst an dem Material zu versuchen und so fertigte er eine Tierfigur an. Nachdem er das Ergebnis gesehen hatte und die Arbeit mit Ton ihm so viel Freude bereitete hatte, fand er Gefallen an der Herstellung von Keramik. Durch seine Anwesenheit und Mitarbeit in der Werkstatt stieg die Nachfrage nach Tonwaren aus Vallauris und die Neuansiedlung von Werkstätten wurde gefördert, sodass der Ort wieder zu einem Hauptzentrum der Töpferei in Frankreich florierte.
Die Keramik erhielt nach diesem Zeitpunkt einen besonderen Stellenwert in seinem künstlerischen Schaffen. Für Picasso zeigte sie das wahre Werk des Künstlers, so wie er es ursprünglich geschaffen hatte. Bei der Ölmalerei verändern sich im Laufe der Zeit die gegebenen Farbtöne. Sie sind zwar dauerhaft, aber nicht so wie sie ursprünglich gemacht waren. Farbe auf Keramik jedoch wird gebrannt und behält ihren ursprünglichen Charakter.
Neben der Dauerhaftigkeit des künstlerischen Gedankens, sah er die Verwandlung des Objektes. Durch seine Malerei konnte er Tonwaren verändern und in das verwandeln, was er in ihnen sah.
In seinen keramischen Arbeiten lässt sich erkennen wie er sich an das unbekannte Material herantastete. Anfangs arbeitete er auf ebener Fläche mit Malerei und Flachreliefs. Im Laufe der Zeit wurden seine Arbeiten plastischer und körperlicher. Er schuf Vasen und frauenförmige Krüge. Die glatten Oberflächen wurden nun durch unebene Flächen bereichert. Bei den Vasen und Krügen verwendete er zu Anfang noch die traditionelle Form der Werkstatt. Mit größerer Sicherheit im Umgang mit Ton formte er diese jedoch häufig nach seinen eigenen Entwürfen.
Seine späteren Tonarbeiten bestehen meist aus Malerei auf Kacheln, die im Einzelnen kleine Bilder zeigen oder zusammengesetzt ein größeres Bild erzeugen.
Zwischen 1947-71 entwarf Picasso 633 verschiedene Keramikarbeiten, die in Auflagen von 25-500 Stück hergestellt wurden.
Unter seinen Vasen, Krügen und Schalen finden sich zahlreiche Tiergestalten, wie Ziegen, Stiere, Tauben und Eulen. Vor allem das Motiv der Eule ist in seinem Werk zentral und erfreute sich seiner besonderen Faszination.
Der Künstler nahm oft Haustiere von Freunden und Bekannten in Obhut. Aber auch verletzte Wildtiere. Unter anderem fand er eine verletzt Eule, die er gesund pflegte. Ab diesem Zeitpunkt faszinierte ihn dieses Tier so sehr, dass er es in zahlreichen seiner Werke verarbeitete.
Besonders in seinen Keramiken lässt sich das Motiv der Eule finden. Dort beschäftigte er sich vor allem mit Motiven und Themen der griechischen und römischen Antike. Die Eule, als Symbol für Klugheit und Weisheit, wurde in der griechischen Antike als Symboltier der Göttin Athene, der Göttin der Weisheit, zugeordnet. Als Patronin der Stadt Athen wurde die Eule auf vielen Gemmen und Münzen der Stadt abgebildet. Ebenso in der römischen Antike, wo sie der Göttin Minerva zugeordnet wird, die gleichzusetzen ist mit der griechischen Göttin Athene.
Er rezipiert mit der Eule ein antikes Symbol, das vielleicht nicht nur durch sein Interesse für Motive und Themen dieser Zeit aufkam, sondern auch für seine generelle Vorliebe für das Tier.

Bei diesem Eulenkrug „Cruchon Hibou“ aus den 1950er Jahren sehen wir ein Paradebeispiel für seine Keramikarbeiten. Mit blauer, schwarzer und weißer Glanzbemalung verwandelt Picasso den Krug in eine Eule, deren Schnabel in einem Ausguss mündet.