Erich Heckel

1883 Döbeln – 1970 Radolfzell am Bodensee

Mädchengruppe

Aquarell über Rötelstift    51,5 X 62,5 cm

Signiert, datiert und betitelt.     „Heckel (19)25. Mädchengruppe“

ausgestellt in: Werke aus dem Jahren 1923 bis 1945. Neue Galerie Kiel 1948, KatNr. 2

Provenienz: Galerie Vömel, Düsseldorf 1969, seitdem in Privatsammlung Essen

 

Erich Heckel studierte von 1904-06 Architektur an der TH Dresden.
Dort freundete er sich mit Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938), Karl Schmidt-Rottluff (1884-1976) und Fritz Bleyl (1880-1966) an.
Gemeinsam gründeten sie 1905 die Künstlergruppe „Die Brücke“, mit der sie neue künstlerische Wege beschreiten wollten.
Sie wollten das Erlebte „unverfälscht und unmittelbar“ künstlerisch umsetzen.
Gemeinsam entwickelten sie einen Stil, der bis heute als wichtige Strömung des deutschen Expressionismus gilt. Neben den Gründungsmitgliedern gehörten Künstler wie Emil Nolde (1867-1956), Max Pechstein (1881-1955) und Otto Mueller (1874-1930), der mit Heckel eng befreundet war, ebenfalls zu der Künstlergruppe.
1911 zogen die „Brücke“-Mitglieder gesammelt nach Berlin um. Mit diesem, wenn auch gemeinsamen, Umzug löste sich der Kollektivstil der Gruppe auf. In dieser Zeit wurde die Farbwahl bei Heckel düsterer und seine Linien kantiger. Charakteristisch für diese Zeit sind außerdem seine übergroß deformierten Köpfe, die ein Sinnbild für den Intellekt des Menschen darstellen sollen.
Auch badende Akte, die hauptsächlich während seiner sommerlichen Aufenthalte an der Ostsee entstanden waren typisch für seinen Stil dieser Zeit. Als Symbol des menschlichen Wesens an sich und seines Verhältnisses zur Natur konnte sie verstanden werden.
1912 nahm er an der Sonderbund-Ausstellung in Köln teil und bestückte 1913 den ersten Deutschen Herbstsalon bei Herwart Walden (1878-1941) in Berlin.
In diesen beiden Jahren lernte er unter anderem Franz Marc (1880-1916), August Macke (1887-1914) und Lyonel Feininger (1871-1956) kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verbinden sollte.
Auch löste sich 1913 die Künstlergruppe „Die Brücke“ auf.
Während seines Einsatzes im Ersten Weltkrieg 1914-18 gehörte er dem Zug unter Leutnant Walter Kaesbach (1879-1961), bedeutender Kunsthistoriker und -förderer der expressionistischen Kunst, an. Weitere Künstler wurden ebenfalls unter ihm versammelt. Max Kaus (1891-1977), Otto Herbig (1889-1971), Anton Kerschbaum (1885-1931) und den Schriftsteller Ernst Morwitz (1887-1971) sind hier zu nennen.
Durch den Kontakt zu Morwitz, mit dem Heckel auch in den 1920er Jahren noch befreundet war, lernte er unter anderem Ludwig Thormaehlen (1889-1956), Alexander Zschokke (1894-1981) und Joseph Liegl kennen.
Durch den geistigen Austausch, den diese Gruppe regelmäßig pflegte verstärkten sich seine romantisch-idealistischen Tendenzen. Vor allem in Bildnissen von Badenden ging er wieder in farblicher und perspektivischer Sicht von der Wirklichkeit aus.
1922-24 wurde er mit der Ausmalung eines überwölbten Raumes im Erdgeschoss des Anger-Museums in Erfurt beauftragt, das einzige erhaltene Raumkunstwerk eines ehemaligen „Brücke“-Mitgliedes.
Die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen waren für den Künstler für seine Bekanntheit, aber auch wirtschaftlich gesehen sehr erfolgreich.
Mit der Machtübernahme Hitlers erlitt er jedoch zahlreiche Diffamierungen und erhielt Ausstellungsverbot. 1937 wurden seine Arbeiten als „entartet“ eingestuft.
Viele seiner Werke sind in dieser Zeit zerstört worden. Sowohl durch nationalsozialistische Anhänger als auch durch Bombenangriffe und Feuer.
Nach Kriegsende erhielt er 1949 eine Professur an der Kunstakademie in Karlsruhe, die er bis 1955 inne hatte. Diese Zeit seines Spätwerkes wird hauptsächlich von Landschaften in hellen Farbtönen geprägt.
Auch erhielt er nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Preise für seine Arbeiten. Unter anderem das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland 1953 und den Orden Pour le Mérite für Wissenschaft und Künste 1967.

Die Werke der 1920er Jahre wurden von der norddeutschen Ostseeküste und deren Landschaft geprägt. Eingefügte Figuren komplettierten diese Kompostionen.
Auch seine „Mädchengruppe“ zeigt solch eine Landschaft. Helle Farbtöne und geschwungene Linien deuten eine Dünenlandschaft an. Unterbrochen wird der Blick durch zwei nackte liegende Frauen, die sich mit ihren kantigen Linien von der Landschaft abheben.
Es schwingt in dieser Darstellung eine Leichtigkeit mit, die durch die hellen Farben unterstrichen wird.
Ein Sommer an der Ostsee-Küste lässt sich gut mit diesem Eindruck verbinden.

 

„Wenn ich sage, wer Franz Marc ist, muss ich zugleich bekennen, wer ich bin, denn vieles woran ich teilnehme, gehört auch ihm“ (Paul Klee)

Nicht nur heute, schon unter seinen Zeitgenossen zählte Franz Marc zu den geschätztesten Künstlern, die mit ihren Werken Wegbereiter für nachfolgende Generationen waren.

Nachdem er seinen Plan für ein Theologiestudium verworfen hatte, schrieb sich Marc 1899 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München für Philologie ein. Kurz bevor er das Studium beginnen konnte, trat er seinen einjährigen Militärdienst an. In dieser Zeit entschied er sich genau wie sein Vater, Wilhelm Marc (1839-1907), Maler zu werden. Nach seiner Rückkehr 1901 nach München immatrikulierte er sich an der Münchner Kunstakademie. Dort besuchte er die Klassen von Gabriel von Hackl (1843-1926) und Wilhelm von Diez (1839-1907).
1903 reiste er gemeinsam mit seinem Studienfreund Friedrich Lauer (1874-1935) nach Frankreich. Besonders der Aufenthalt in Paris beeindruckte ihn stark. Vor allem die antiken Sammlungen und Gemälde des Louvre, sowie das Leben auf den Pariser Straßen faszinierte ihn. Außerdem kaufte er dort japanische Holzschnitte, deren Technik und Komposition ihn in seinem weiteren Schaffen leiten sollten und den Grundstock für seine eigene Sammlung von Holzschnitten bildeten.
Durch den Einfluss der französischen Kunst und der Plein-air-Malerei verließ er nach seiner Rückkehr nach München die Akademie enttäuscht von dem zu akademisch geprägten Unterricht.
Sein späterer Mäzen Bernhard Koehler Sen. (1849-1927) brachte ihn 1910 mit August Macke (1887-1914) zusammen. In diesem fand er künstlerisch, wie freundschaftlich, einen Gleichgesinnten und sie begannen sich auszutauschen und gemeinsam zu arbeiten. 1912 entstand in Mackes Atelier ihr erstes gemeinsames Wandbild. Im gleichen Jahr des Kennenlernen erhielt Marc seine erste Einzelausstellung in der Kunsthandlung Brakl in München.
Bei den Besuchen der Ausstellungen der Neuen Künstlervereinigung München (N.K.V.M.) 1909/10 in der Galerie Thannhauser in München knüpfte er Kontakte zu deren Mitgliedern und wurde 1911 deren Vorsitzender.
Dort lernte er auch Wassily Kandinsky (1866-1944), Gabriele Münter (1877-1962) und Alfred Kubin (1877-1959) kennen. Zwischen dem Grüppchen der vier Künstler und den anderen Mitgliedern der Vereinigung kam es recht schnell zu Spannungen, die in einem Eklat wegen eines Gemäldes von Kandinsky endeten. Marc, Kubin, Kandinsky und Münter traten aus und begründeten die Redaktionsgemeinschaft des Blauen Reiters.
Im Dezember des gleichen Jahres bekamen sie die „Erste Ausstellung der Redaktion ‚Der Blaue Reiter‘“ in der Galerie Thannhauser in München. Für diese Ausstellung taten sie sich mit Künstlern, wie Wladimir Burljuk (1886-1917), Dawid Burljuk (1882-1967), Heinrich Campendonk (1889-1957), Robert Delaunay (1885-1941), Jean-Bloé Niestlé (1884-1942), Elisabeth Epstein (1879-1956), Henri Rousseau (1844-1910) und Arnold Schönberg (1874-1951) zusammen. Sie waren so erfolgreich, dass sie mit ihrer Ausstellung europaweit auf Tour gingen. In Deutschland stellten sie unter anderem In Herwarth Waldens (1878-1941) Galerie Der Sturm in Berlin aus. Marianne von Werefkin (1860-1938) und Alexej von Jawlensky (1864-1941) schlossen sich der Tour an.
Bei ihrer zweiten Ausstellung in München 1912 schlossen sich ihnen weitere Künstler der Künstlergruppe Die Brücke an. Unter anderem Paul Klee (1879-1940), mit dem Marc ab diesem Zeitpunkt eine enge Freundschaft verbinden sollte.
Im gleichen Jahr veröffentlichte der Künstler gemeinsam mit Kandinsky den Almanach „Der Blaue Reiter“, in dem sie ihre Kunsttheorien darlegten.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde er zum Wehrdienst eingezogen. 1916 fiel er in Frankreich.
Posthum wurde ihm 1986 in Kochel am See ein Museum gewidmet, das die Werke seines Nachlasses bewahrt. 2008 wurde es erweitert.
Auch heute noch zählt er zu den wichtigsten Künstlern des 20. Jahrhunderts. 

„Ich suche mein Empfinden für den organischen Rhythmus aller Dinge zu steigern, suche mich pantheistisch einzufühlen in das Zittern und Rinnen des Blutes in der Natur, in den Bäumen, in den Tieren, und der Luft.“ (Franz Marc)

In seinen Werken stellte er bevorzugt Tiere als Sinnbild von Ursprünglichkeit und Reinheit dar. Sie verkörperten für ihn die Ideen der Schöpfung und das Leben im Einklang mit der Natur. Einer „paradiesische Welt“ gleich erscheinen seine Arbeiten. Besonders das Pferd verkörperte für dem Künstler das Leben. Kraftvoll und dynamisch symbolisierte es die Verbindung aller Elemente. Kein Wunder also das es sein häufigstes Motiv ist. Unter seinen Holzschnitten sind "die ruhenden Pferde" der wohl bekannteste Schnitt.
Im Laufe seines Schaffens entwickelte er mehr und mehr eine eigene kubische Abstraktion. Sie veranlasste ihn sich mit der Farbe und ihrer Wirkung auseinanderzusetzen. Nachdem er die Farbenlehre von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) gelesen hatte, entwickelte er seine eigene Lehre, nach der er seine Werke malte und die Farbe einsetzte. Farben hatten für ihn bestimmte Bedeutungen. Das Blau entsprach einem männlichen Prinzip, das eine herbe und geistige Wirkung erzielen sollte. Das Gelb stand für ein weibliches Prinzip, das Sanftheit, Heiterkeit und Sinnlichkeit ausdrückte. Rot stellte für ihn die Materie dar, die brutal und schwer erscheint und von allen anderen Farben bekämpft und überwunden werden muss.

Zwischen 1911-14 fertigte er 22 Holzschnitte an. Diese ließ er nur in geringer Auflage drucken. Einige wurden als Illustration der Sturm-Hefte Waldens verwendet. Nach seinem Tod publizierte seine Witwe einige seiner Schnitte in geringer Auflagenhöhe. 1984 ließ Marcs Nachlassverwalter, der Kunsthändler, Otto Stangl (1915-1990) einmalig eine Auflage der Holzschnitte von 32 Stück drucken, die sofort in den Besitz der Franz Marc Stiftung übergingen, sodass eine weitere Auflage ausgeschlossen war.
Durch ihre Seltenheiten und präzise Ausführung, die sich an der Technik der japanischen Holzschnitte orientiert, kommt diesen eine besondere Bedeutung zu.