Gert Heinrich Wollheim
1894 Dresden – 1974 New York
Damenportrait
Öl / Leinwand 102 x 85 cm
Signiert und Datiert. (19)27
Auch wenn seine Werke meist eigenwillige Züge aufweisen und aus einer Neuinterpretation der vorherrschenden Stilrichtungen bestehen, lässt sich Gert Heinrich Wollheim doch zu den bekanntesten deutschen Künstlern des Expressionismus zählen.
Die Familie des Künstlers siedelte 1900 von Dresden nach Berlin über.
1911 begann er sich der Malerei zu widmen und besuchte für kurze Zeit die Freilicht-Aktschule des Malers Hans Lietzmann (1872-1955). In dieser Zeit unternahm er zahlreiche Reisen durch Oberitalien und wurde vor allem von den Werken Tintorettos (1518-1594) in Venedig beeindruckt.
Ende des gleichen Jahres wurde er an der Großherzöglichen Sächsischen Schule für bildende Kunst in Weimar angenommen. Anfangs lernte er in der Bildhauerklasse von Gottlieb Forster und in der Akt- und Landschaftsklasse der Maler Gari Melchers (1860-1932) und Fritz Mackensen (1866-1953).
1912 wechselte er schließlich in die Klasse von Albin Egger-Lienz (1868-1926), wo er sich mit Otto Pankok (1893-1966), Peter Röhl (1890-1975), Carl Lohse (1895-1965), Heinrich Stassen und Otto Herbig (1889-1971) anfreundete.
Ein Jahr nach seinem Klassenwechsel verließ sein Lehrer die Schule und gründete in Klausen/Tirol eine Freie Kunstschule.
Für Wollheim war schnell klar, dass er nun ebenfalls die Schule verlassen würde. Anfangs kehrte er nach Berlin zurück, um sich 1914 ebenfalls auf den Weg nach Klausen zu machen.
Dort befasste er sich vor allem mit dem monumentalen Figurenstil von Egger-Lienz.
Kurze Zeit später wurde der Künstler zum Militärdienst eingezogen und wurde 1917 schwer verletzt. Während seines Lazarett-Aufenthaltes lernte er Alfred Klemmt (1895-1979) kennen. Durch diesen erhielt er zahlreiche Kontakte zu literarischen Kreisen nach dem Ersten Weltkrieg.
Nach Rückkehr aus dem Krieg lernte er in Berlin den Verleger Stephan List kennen und knüpfte durch dessen Hilfe vor allem Kontakte zum Berliner Arbeitsrat für Kunst und zur Novembergruppe, der er 1926 beitrat.
Im gleichen Jahr gründete er gemeinsam mit Pankok, Ulfert Lüken (1895-1967) und Hermann Baptist Hundt (1894-1974) nach Worpsweder Vorbild eine Künstlerkommune in Remels/Ostfriesland.
Zeitgleich wurden 1919 in Düsseldorf der „Aktivistenbund 1919“ und die Künstlergruppe „Das Junge Rheinland“ gegründet.
Durch die Künstler Richard Gessner (1894-1989) und Adolf de Haer (1892-1944), die die Künstlerkommune in Remels besuchten, erfuhr Wollheim von diesen Neugründungen.
Davon angetan siedelte er kurz darauf mit Pankok und Hundt nach Düsseldorf über.
Dort begann er sich 1920 an Aktivitäten der Düsseldorfer Künstlervereinigung „Malkasten“ zu beteiligen. Auch verkehrte er in den Kreisen um die Galeristin Johanna Ey, genannt Mutter Ey, (1864-1947).
Von den politischen und künstlerischen Zielen der Gruppen angetan, beteiligte er sich an den Zeitschriften „Buch Eins, Zwei und Drei des Aktivistenbundes 1919“ und „Das Ey“, bei denen er zu den Herausgebern gehörte.
1921 unterrichtete er für kurze Zeit an der Düsseldorfer Volksschule. Auch unterstütze er in diesem Jahr die Gründung der anarchio-syndikalistischen Arbeitersiedlung Freie Erde am Stadtrand im Düsseldorfer Süden.
Vier Jahre später zog er wieder zurück nach Berlin.
Dort angekommen, trat er dem Vorstand der für 1926 geplanten Ausstellung GESOLEI bei.
1927 unternahm er gemeinsam mit Johanna Ey eine Reise nach Mallorca, wo er Ulrich Leman (1885-1988) und Jean Paul Schmitz-Wesseling (1899-1970) kennen lernte.
Mit der Machtübernahme Hitlers wurde Wollheim 1933 ein Ausstellungsverbot auferlegt und 1937 seine Kunst als „entartet“ eingestuft.
Recht früh floh der Künstler gemeinsam mit seiner Partnerin Tatjana Barbakoff (1899-1944) nach Paris, wo er 1936 gemeinsam mit Max Ernst (1891-1976), Otto Freundlich (1878-1943), Heinz Lohmar (1900-1976), Hanns Kralik (1900-1971), Robert Liebknecht (1903-1994), Erwin Öhl (1907-1988) und Horst Strempel (1904-1975), ebenfalls deutsche Exilanten, das Kollektiv Deutscher Künstler gründete.
1939 wurde er schließlich interniert, konnte 1942 fliehen und lebte bis Kriegsende untergetaucht in den Pyrenäen. 1946 kehrte er schließlich nach Paris zurück.
Ein Großteil seiner Gemälde, die er dort gelassen hatte, waren während des Krieges allerdings zerstört oder verkauft worden.
Ein Jahr nach seiner Ankunft in Paris konnte er mit Hilfe seines Freundes Leonhard Frank (1882-1961), der als Affidavit-Geber (Bürge) fungierte, und dem International Rescue Committee Emigration nach New York auswandern.
Dort fand er schnell Kontakt zu anderen emigrierten Künstlern, wie George Grosz (1893-1959).
1952 erhielt er schließlich die amerikanische Staatsbürgerschaft.
1959 reiste er das erste Mal nach seiner Auswanderung wieder nach Europa und besuchte Städte in Italien, Paris, Koblenz und Berlin.
Während seiner Berliner Zeit von 1925-33 verkehrte er vor allem mit Künstlern wie Otto Dix (1891-1969), George Grosz und Elke Lasker-Schüler (1869-1945), von denen er sich in seiner Bildfindung beeinflussen lies.
Unverwechselbare Originalität, die sich weder kompositorisch noch in ihrer Malweise nach Stilvorgaben, wie der Neuen Sachlichkeit oder dem Expressionismus richtete, machten seine Werke aus.
Expressive, realistische und phantastische Züge vereinte er in seinen Arbeiten.
Selbstbildnisse, aber auch, meist erotisierte, Frauenbilder sind aus dieser Zeit zu finden.
Eine „penetrante Aufmerksamkeit für Menschen und Dinge“ lässt sich als eines seiner Merkmale feststellen.
Sein „Damenportrait“ von 1927 zeigt eine realistische, ein wenig expressive Wiedergabe einer Dame. In gedeckten Farben gehalten, züchtig gekleidet und zurückhaltend präsentiert, zeigt Gert Heinrich Wollheim mit dieser Darstellung sein Können.
Eine Kombination aus vorherrschenden Stilrichtungen machen das Portrait zu einer spannenden Darstellung.