Josef Urbach

1889 Neuss – 1973 Essen

Markttag am Quirinus-Münster um 1920

Öl /Leinwand     ca. 84 x 63 cm

signiert: Urbach

Verkauft

Das Gemälde vom Neußer Markt mit St. Quirinus ist in mehrfacher Hinsicht ein wichtiges Werk für die Neußer Kunstgeschichte und die avantgardistischen Tendenzen der Düsseldorfer Malerei nach dem Ersten Weltkrieg insgesamt. Josef Urbach überführt darin das, was bis um 1918 als lebendiges Großstadtbild mit Wiedererkennungswert bei impressionistischen Malern sehr populär war (denken wir an Willy Lucas) in die neue Richtung des Rheinischen Expressionismus.

Der aus Neuß stammende Urbach besuchte 1905 bis 1910 die Kunstgewerbeschule in Düsseldorf, wo das Zeichnen im Mittelpunkt der Ausbildung stand, nicht jedoch mit Blick auf ein freies Künstlertum, sondern als Mittel des Gewerbe- und Architekturdesigns. Nach einer Parisreise 1911 entschied sich Urbach für eine Berufsausübung als freier Maler und wechselte zur Kunstschule Karlsruhe. Nach dem Ersten Weltkrieg, den er als Soldat erlebte, wandte er sich in den 1920er Jahren entschieden dem Rheinischen Expressionismus zu. Er schloss sich der Gruppe „Das Junge Rheinland“ und später den Rheinischen Sezessionisten an. Schon 1923 erfolgte seine Berufung als Professor für Malerei an die Folkwang-Schule in Essen. Seine erfolgreiche Künstlerlaufbahn wurde im Dritten Reich beendet. Als verfemeter Maler erhielt er Ausstellungsverbot und wurde dadurch in der Berufsausübung stark eingeschränkt. 1943 ging sein Atelier bei einem Bombenangriff unter. So musste er nach dem Krieg völlig von vorn beginnen. Seine Lehrtätigkeit an der Folkwang-Schule konnte er wieder aufnehmen und bis um 1970 noch einmal ein umfangreiches Werk schaffen, in dem die Aquarellmalerei im Vordergrund stand.

Ölgemälde Urbachs aus der Zeit vor 1930, der frühen expressionistischen Phase des Künstlers, sind selten. Nebenstehende großformatige Arbeit mit Neuß-Motiv entstand etwa 1920. Das Wahrzeichen der Stadt, das Quirinus-Münster, erhebt sich im Hintergrund des Bildes, während der Vordergrund den Marktplatz mit Marktständen, Auslagen, Menschen und einem Pferdekarren zeigt. Zwischen Vorder- und Hintergrund eingeschoben bilden die Laubkronen der Bäume eine Zwischenzone. Das Bild vereinigt verschiedene Darstellungsweisen. Die Kirche lässt noch klar den architektonischen Blick des Malers erkennen, den er an der Kunstgewerbeschule erlangt hat. Hier kann man fast von einer Architekturvedute sprechen. Auch die Hausecke vorne rechts im Bild ist korrekt architektonisch durchgezeichnet. Die Marktszene dagegen ist in impressionistischer Hellmalerei wiedergegeben. Das Vorbild sind hier die französischen Impressionisten, die derlei in ihren typischen Stadtbildern ähnlich gemalt haben. Der eingeschobene Riegel der Baumkronen bringt eine ganz neue Komponente ins Spiel hingegen, die Auflösung der Form. Auch die übersteigerte, nicht mehr eine gesehene Wirklichkeit nachahmende Koloristik weist auf den Rheinischen Expressionismus voraus, der in den Jahren bis um 1932 das avantgardistische Kunstschaffen in Düsseldorf bestimmte.

Das Gemälde stammt aus dem Nachlaß des Bildhauers Joseph Enseling, einem frühen Weggefährten von Urbach. Sie kannten sich vom gemeinsamen Studium an der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule und waren in den 20er Jahren beide Lehrer an der Folkwang-Schule.