Josef Urbach

1889 Neuss – 1973 Essen

Portrait Frau W.

Öl /Leinwand     58,5 x 44,5 cm

Signiert und Datiert. Urbach (19)25

Der Künstler Josef Urbach, 1889 in Neuss geboren, besuchte ab 1905 die Kunstgewerbeschule Düsseldorf. Dort lernte er Jan Thorn-Prikker kennen. Mit ihm reiste er für Studienaufenthalte nach Paris und entdeckte dort die Kunst von Henri Matisse, Georges Braque und Pablo Picasso für sich. Von diesen Künstlern beeinflusst und inspiriert entschloss er sich 1911 Maler zu werden und ein Studium an der Kunstakademie Karlsruhe zu beginnen. 1914 erhielt er eine Berufung an die Folkwangschule Essen und übte ab 1923 bis zu seinem Tod 1973 die Professur aus. Auch dort begleitete ihn wieder Thorn-Prikker, der ebenfalls in Essen für kurze Zeit eine Lehrstelle innehatte. Seine künstlerische Fertigkeit gab Urbach in seinen Akt- und Porträtkursen an die Studenten der Folkwangschule weiter.

„Er wollte und vermochte es sowohl in den Modellen als auch in den Studierenden den Menschen selber anzusprechen, anzuregen und bildnerisch in Gang zu setzen.“ Das Menschsein und zeigen des eigenen Wesens seiner Modelle im Portrait selbst macht die Besonderheit an Urbachs Malerei aus.

Sein „Portrait Frau W.“ ist eine gekonnte Umsetzung dieser Absicht. Obwohl, oder vielleicht auch grade weil das Portrait einen stillebenhaften Charakter durch die Geschlossenheit seiner Form aufweist, bekommt es etwas Außergewöhnliches. Als Brustbild, ohne das Zeigen der Hände, angelegt, lenkt Urbach die volle Konzentration des Betrachters auf das Gesicht der Frau W. . Er stellt sie ganz in der Manier des Realismus der Neuen Sachlichkeit dar: ehrlich. Ihre Körperhaltung und ihr Gesichtsausdruck wirken angespannt und es kommt direkt die Frage auf in welchem Moment ihres Alltags Urbach Frau W. getroffen hat. Er fängt ihr Wesen und ihre Erscheinung des Moments auf eine natürliche Weise ein und schafft so eine Momentaufnahme der Stimmung ohne das Negative herauszunehmen. Ganz im Gegenteil er setzt die ungeschönte Wahrheit auf eine gekonnte und außergewöhnliche Weise um, sodass der Betrachter der heutigen Zeit fasziniert ist. Zur Schaffenszeit des Gemäldes stieß er mit diesem Malstil mit größter Wahrscheinlichkeit auf Unverständnis. Mitte der Zwanziger waren die Menschen einen solchen dargestellten und festgehaltenen Realismus nicht gewohnt. Auch der Auftraggeber dieses Portraits gehörte dazu: Es wurde nie abgeholt.

Urbach gelingt bei dieser Umsetzung seines Malstils eine hervorragende Verbindung zwischen der Neuen Sachlichkeit und der Renaissance. Die Kombination der modernen, ungeschönt realistischen Darstellung des Modells selbst, die sich mit dem Stil Otto Dix vergleichen lässt, und der an Holbein erinnernden Umsetzung wird dieses Werk zu etwas Besonderem.

ausgestellt: Josef Urbach - Gedächtnisausstellung zum 100.Geburtstag; hg. von Clemens-Sels-Museum, Neuss, 1989, Katalog-Nr. 34

Literatur:
Josef Urbach - Gedächtnisausstellung zum 100. Geburtstag, hg. vom Clemens-Sels-Museum, Neuss, 1989
Lampe, Jorg: Josef Urbach. Essen. Maler. Grafiker (Schrift 22 der Folkwangschule für Gestaltung), Essen, 1964