Ulrich Knispel

1911 Szumiłowo – 1978 Reutlingen

Mechanik

Öl / Leinwand         131 x 131cm

signiert und datiert (19)71

 

Ulrich Knispel zählt mit seinen sowohl gegenständlichen, als auch abstrakten Werken zu den Malern der Halleschen Schule, die vor allem durch die beiden Lehrer der Kunstschule Burg Giebichstein Charles Crodel (1894-1973) und Erwin Hahs (1887-1970) in den 1940er und 1950er Jahren geprägt wurde und sich in ihren Ansätzen von der Kunst des Bauhauses beeinflussen ließ.

1930-31 studierte der Künstler an der bereits genannten Kunstschule Burg Giebichstein unter Hahs. Ein Jahr später wechselte er an die Kunstakademie Königsberg und setze sein Studium in den Klassen von Alfred Partikel (1888-1945) und Fritz Burmann (1892-1945) fort.
1932 besuchte er für zwei Jahre die Staatliche Kunstschule in Berlin, um sich dort von Konrad von Kardorff (1877-1945) und Curt Lahr (1898-1974) unterrichten zu lassen.
Im Anschluss an sein Kunststudium machte er noch einen Abschluss in Physik an der Uni Halle.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war er vorerst als freischaffender Maler in Halberstadt tätig. 1948 wurde er an die Kunstschule Burg Giebichstein berufen, wo er auf Grund eines Skandals, „Knispel-Affäre“, 1951 entlassen wurde. 

Bei einem Aufenthalt im Ostseebad Ahrenshoop wurden ausgestellte Studienblätter seiner Schüler durch die Parteiführung der SED beschlagnahmt, da sie nicht dem gewünschten Realismus, sondern Ansätzen der amerikanischen Ideologien entsprachen. Somit fiel Knispel dem herrschenden Formalismusstreit der 1950er Jahre zum Opfer, bei dem sich die Regierung der DDR von der westlichen Kunst abgrenzen wollte.

Nach seiner Entlassung aus seinem Lehramt floh er in den Westen, um einer Verhaftung zu entkommen. Sein Geld verdiente er vorerst als freischaffender Künstler in West-Berlin. 1953 zog er nach Scheeßel bei Bremen. Drei Jahre später nahm er ein Lehramt für Kunst am Max-Planck-Gymnasium in Dortmund an. 1961 wechselte er an die dortige Werkkunstschule. Ab 1965 hatte er eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin inne. 

Seine Kunst schwankt zwischen abstrakt und surreal. Aber auch technische Elemente tauchen häufig in seinen Werken auf und mischen sich zwischen naturalistische und geometrische Motive.
Teils knallige Farben und klare Linien heben das Dargestellte hervor. 

„Mechanik“ wirkt auf den ersten Blick wie ein Schaltplan, der sich aus Zahlenreihen und tastenähnlichen Kombinationen zusammensetzt. Vier pinke Säulen werden scheinbar durch Zahlenreihen, die von hinten nach vorne chronologisch geordnet sind, mit einer gelben Wand verbunden. Diese scheint jedoch durchlässig zu sein, da die Zahlen auf ihrer anderen Seite weiter durch den Bildraum verlaufen.
Einem Schalterkasten gleich reihen sich im Hintergrund rote und grüne Schalter aneinander, die jeweils von Zahlen, 0-6, untermauert werden.
Technisch und ausdrucksstark erscheint hier eine Kombination aus Zahlen und klaren Formen. Aufkommende poppige Kunst und kapitalistische Ansätze des Westens werden hier deutlich, genauso wie der strukturierte Sozialismus Ostdeutschlands.