Bernard Gotfryd. Poträt Joseph Beuys. 1979. Foto

 

 

Joseph Beuys. Hirsch und Sonne. (aus Spur1). 1974. Farblithografie. 45,5 x 48,5cm

Hirsch und Sonne aus Spur 1

Joseph Beuys unter seinen Studenten, Frankfurt

 

 

Joseph Beuys. Coyote, I like America and America likes me. 1974. Galerie René Block. New York

Coyote, I like America and America likes me

Adolf Seel. Die Favoritin. 1883. Öl / Holz. 98 x 72cm

 

 

Joseph Beuys. Vor der Flucht aus dem Camp I. 1976. Galerie Lenbachhaus, München

Vor der Flucht aus Camp I

Joseph Beuys. Am Ende des 20. Jahrhunderts. 1983. München

Am Ende des 20. Jahrhunderts

Adolf Seel. Die Favoritin. 1883. Öl / Holz. 98 x 72cm

Joseph Beuys

1921 Krefeld – 1986 Düsseldorf

„Joseph Beuys – diese redende, malende, organisierende und formende, diese ungemein kreative Figur der Moderne [..]“. („National-Zeitung“)

Joseph Beuys ist bis heute einer der umstrittensten Künstler der Moderne und gleichzeitig einer der Wichtigsten. Seine Professur an der Düsseldorfer Kunstakademie machte diese zum Experimentiertfeld der zeitgenössischen Kunstströmungen, in denen die virtuelle Kraft des Kunstwerkes diskutiert wurde. Welche Möglichkeiten hat die Kunst in der Industriegesellschaft, in der Ganzheitsvorstellungen und maßästhetische Dimensionen keinen Platz haben? Um diese Kernfrage drehen sich seine Kunstwerke, bestehend aus Zeichnungen, Installationen und Performances.

„Kräftige Spuren humanistischen Kunstwollens“ („Berliner Zeitung“)

Kurz nach seiner Geburt zog seine Familie von Krefeld ins nahe gelegene Kleve. Schon während seiner Schulzeit interessierte er sich für Kunst und besuchte regelmäßig das Atelier des, von Constantin Meunier (1831-1905) und Georg Minne (1866-1941) beeinflussten, Klever Bildhauer Achilles Moortgart (1881-1957), der ihm Skulpturen Wilhelm Lehmbrucks (1881-1919) näherbrachte. Nachdem er 1941 seinen Schulabschluss gemacht hatte, meldete er sich freiwillig zum Militärdienst. Er wurde zum Bordfunker in Erfurt und Posen ausgebildet. Ein Jahr nach Ausbildungsbeginn wurde er schließlich in Königsgrätz stationiert, von wo aus er verschiedene Sturzkampfgeschwader unterstützte. 1944 stürzte er bei einem Einsatz bei Freifeld/Krim ab und wurde schwerverletzt ins Lazarett gebracht. Die Rettung und Pflege durch einen Krimtataren blieb allerdings nur ein selbst erfundener Mythos.

„Ich erinnere mich an den Filz, aus dem ihre Zelte gemacht waren […] Sie rieben meinen Körper mit Fett ein, damit die Wärme zurückkehrt und wickelten mich in Filz ein, weil Filz die Wärme hält.“ (Joseph Beuys)

Als Teil seiner künstlerischen Arbeit schuf er diesen Mythos innerhalb seiner Biografie in den 1970er Jahren. Die angebliche Heilung durch Filz und Fett werden als Begründung für seine künstlerische Vorliebe der Materialien gesehen, die sich durch sein gesamtes Werk ziehen.
Nach der Kapitulation Deutschlands geriet er in britische Gefangenschaft, aus der er recht schnell wieder entlassen wurde. Die Kriegsjahre und das damit an Grenzsituationen des Lebens geraten, prägten ihn jedoch als Person und als Künstler. Traumatische Erlebnisse begann er mit Hilfe seiner Kunst zu verarbeiten und in seinem Lebenslauf poetisch auszuschmücken.
Nach Rückkehr aus dem Krieg begann er seinen Entschluss Künstler zu werden, den er während des Krieges gefasst hatte, in die Tat umzusetzen. 1946 schrieb er sich an der Kunstakademie in Düsseldorf ein. Bis 1952/53 studierte er dort unter Josef Enseling (1886-1957) und Ewald Mataré (1887-1965), dessen Meisterschüler er ab 1951 war. Er lernte während des Studiums Herbert Zangs (1924-2003) kennen, mit dem ihn nicht nur die gemeinsamen Fächer verband, sondern auch die Abstammung aus dem gleichen Geburtsort.

Nach seinem Abschluss isolierte er sich vermehrt von seinem Umfeld und vollzog nach eigenen Angaben einen „Umbruch in der künstlerischen Entwicklung“. Die Arbeit an den Entwürfen für ein Auschwitz-Denkmal, das nicht realisiert wurde, brachten ihm erneut seine Kriegserlebnisse vor Augen. Er wiederholte seine Verarbeitung des Erfahrenen. Ebenso begann er sich für symbolistische Schreib- und Darstellungsweisen zu interessieren und diese der „Gestaltqualität“ unterzuordnen, wozu er naturwissenschaftliche Schriften aus Chemie, Physik, Botanik, Zoologie und Humanmedizin studierte, sowie belletristische Texte. Sein Selbststudium ließ in ihm die Auffassung reifen, dass das Kunstwerk keine Alternative zu der Lebenswelt darstellt, sondern aus ihr hervorgebracht wird und so den Schlüssel zur vollendeten Lebenspraxis gibt. Eine wechselseitige Durchdringung von Kunst und Leben ist dafür essentiell wichtig. Mit seinem Prinzip der „Repräsentation“ soll das Kunstwerk jenseits der Mimesis als eigenständiges schöpferisches Resultat gestaltet werden, sodass ihm in allen Lebensbereichen eine unmittelbar wirkende Gestaltkraft übereignet wird. Die Kunst und der Mensch stehen sich antithetisch gegenüber. Sie sind ein Symbol füreinander und resultieren auseinander.
Mit seiner Hochzeit 1959 und der Geburt seiner beiden Kinder 1961 und 1964 rückt das Thema der Familie als zentraler Impuls in seine künstlerische Arbeit.
Im gleichen Jahr erhielt er, als einer unter drei weiteren Künstlern, den Auftrag in Büderich als Mahnmal der Toten beider Weltkriege das Portal und eine Skulptur für den alten Kirchturm der 1891 abgebrannten Pfarrkirche St. Mauritius zu schaffen. In das Portal aus Holz schnitzte er die Namen der 220 Büdericher Kriegstoten. Eiserne Beschläge, die an archaische Symbole oder Waffen erinnern schmücken die Kirchentür. Im Inneren des Kirchturms gestaltete er als Auferstehungssymbol eine Holzskulptur, die in abstrahierter Form an eine Christusfigur erinnert, mit ihrem angedeuteten Nimbus und den, zur Kreuzigung, ausgebreiteten Armen.
Ebenfalls in dieser Zeit wurde er zum Professor für monumentale Bildhauerei an der Kunstakademie in Düsseldorf ernannt. Die medialen Formen der Öffentlichkeit nutzend verschafften ihm einen hohen Publikationsgrad seiner künstlerischen Position.

Sein Auftreten wurde immer charakteristischer. An Weste und Hut, sowie einem ausgeprägten Habitus war er immer zu erkennen. In öffentlichen Auftritten in Form von Interviews, Dialogen und Reden versuchte er seine künstlerische Position zu verdeutlichen. Das Kunstwerk ist kein Vor- oder Nachbild, sondern eine unmittelbar wirksame Größe, in der Handlungszusammenhänge aufgehoben sind, die sich umgekehrt in nicht nur ideellen, sondern auch praktische Rezeptionen aufgreifen lassen, deren Substanz sich im Lebensprozess finden lässt. Die abendländische Symbolik setzt er dabei als vielschichtig erfahren und verinnerlicht voraus.
Seine Vielzahl an verwendeten Materialien und vorgefertigten Gegenständen verdeutlichen seine Intention zwischen reiner Stofflichkeit und funktionalen, symbolischen Anwendungsweisen offen zu wechseln. Das Kunstwerk wird so eine einmalige unwiederbringliche Größe. Natur und Geist stellen so einen Garant für die menschliche Selbstbestimmung dar.

Als einer der komplexesten Künstler der Moderne revolutionierte er den Kunstgedanken und die Position des Künstlers. Anthropologie, Philosophie und Naturwissenschaften in einer Theorie vereint, machen seine Werke zu etwas Undurchschaubarem. Mit Kenntnissen, die der Künstler als gegeben voraussetzt, die aber nicht jeder Betrachter mitbringt erschließen sich die Arbeiten auf eine andere Weise und es wird der Eindruck erweckt, dass sie so zugänglicher werden. Durch diese Komplexität wir der Künstler bis heute umstritten betrachtet und bietet immer noch eine große Plattform für Diskussionen. Ebenso wurde er so zum Wegbereiter für neue moderne Strömungen und Gedanken in der Kunstwelt.