Milly Steger
1881 Rheinberg – 1948 Berlin
Milly Steger erhielt zunächst nach ihrem Schulabschluss Sprach- und Anstandsunterricht in einem Pensionat in London. Nebenher nahm sie Zeichenunterricht bei einer Londoner Malerin. Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland besuchte sie in Elberfeld eine Klasse für Stuckateure und Steinmetze an der dortigen Kunstgewerbeschule. 1903-06 ließ sie sich im Privatatelier von Karl Janssen (1855-1927) in Düsseldorf ausbilden.
1908 zog sie nach Berlin um und unterrichtete an der Damenakademie des Vereins der Berliner Künstlerinnen. In dieser Zeit unternahm sie Studienreisen nach Paris und Florenz, wo sie Werke von Georg Kolbe (1877-1947), August Rodin (1840-1917) und Aristide Maillol (1861-1944) studierte.
Ein Jahr später besuchte sie den Bildhauer George Minne (1866-1941) in seinem Atelier. 1910 wurde sie durch den Kunstsammler Karl Ernst Osthaus (1874-1921) nach Hagen eingeladen. Daraufhin zog sie dorthin um. Als ersten Auftrag schuf sie für die Stadt Hagen überlebensgroße Statuen für die Fassade des Theater, die durch ihre Form einen Skandal produzierten. Jedoch nicht zu Stegers Nachteil, denn so wurde sie bekannt.
Sie hielt sich vermehrt im Künstlerkreis um Osthaus auf, sodass sie darüber Moissey Kogan (1879-1943), Will Lammert (1892-1957), Christian Rohlfs (1849-1938) und Jan Thorn-Prikker (1868-1932) kennen lernte.
Mit ihrem Umzug nach Hagen bewohnte sie ein Haus in der Künstlerkolonie „Am Stirnband“ in Hohenhagen, die als Gartenstadt als Kontrapunkt zur Industrialisierung der Landschaft durch Osthaus 1909 gestiftet wurde. Umgesetzt wurde der architektonische Plan von Peter Behrens (1868-1940), Henry van de Velde (1863-1957) und Jan Ludovicus Mathieu Lauweriks (1864-1932).
Zum 10jährigen Jubiläum des von Osthaus gegründeten Folkwang Museums in Hagen 1912 stiftete sie einen Frauenkopf für das Museumsportal und entwarf Reliefs für die Stadthalle in Hagen. Im gleichen Jahr nahm sie an der Sonderbund-Ausstellung in Köln teil. Zwei Jahre später an der Deutschen Werkbundausstellung in Köln.
Durch den Ersten Weltkrieg verschlechterte sich ihre finanzielle Situation, sodass sie 1917 nach Berlin zurückkehrte. Else Lasker-Schüler (1869-1945) besang sie 1916 in einem expressionistischen Gedicht als „Büffelin an Wurfkraft“.
1927-42 unterrichtete sie Bildhauerei und Aktzeichnen an der Unterrichtsanstalt des Vereins der Künstlerinnen zu Berlin, deren Vorstand sie angehörte.
Ab 1932 arbeitete sie nebenbei im Atelier von Kolbe, das 1943 durch einen Bombenangriff zerstört wurde. Ein Großteil ihres Werkes wurde dabei zerstört.
1937 wurde ein Teil ihres Werkes als „entartet“ beschlagnahmt. Gleichzeitig wurde eine ihrer Plastiken in der Großen Deutschen Kunstausstellung in München ausgestellt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm sie die Arbeit in einem neuen Berliner Atelier wieder auf. 1946 war sie in der Allgemeinen Deutschen Kunstausstellung in Dresden vertreten.
Zwei Jahre später wurde sie in das Ehrenpräsidium des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands aufgenommen.
Von ihren anfänglichen Werken sind nur wenige erhalten. Hauptsächlich beschäftigte sie sich mit bauplastischen Arbeiten, wie Reliefs oder Skulpturen. Besonders der Einfluss von Maillol ist in dieser Zeit sichtbar, die sie mit ausgeprägter Gestik und einer thematischen Vorliebe für Tanz verband.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges kamen expressive Elemente dazu. Skulpturen mit schlanken, teils gelängten Körperformen und stark stilisierte Gesichtern in Form von Alexander Archipenko (1887-1964) und Minne waren hier charakteristisch.
In den späten 1920er Jahren kehrte sie zu geschlossenen, organisch gebildeten und voluminöseren Formen zurück. Ähnlich wie Kolbe zur gleichen Zeit.
Besonders typisch für ihr Werk ist die Konzentration auf Aktfiguren, sowohl weiblich als auch männlich.
Mit ihrem Werk hob sie sich von anderen weiblichen Bildhauerinnen ihrer Zeit ab und revolutionierte den Stil.