Ernst Barlach – Selbstporträt (1928)
Der Flüchtling
Kussgruppe
Russische Bettlerin
der singende Mann
Die Hundefängerin
Ernst Barlach
1870 Wedel – 1938 Rostock
Ernst Barlach stand mit seiner Kunst für das freie Denken und Umsetzen der Kunst ein. Mit radikaler Vereinfachung und Monumentalisierung der Bildsprache schuf er expressionistisch angehauchte Skulpturen und Lithografien. Die existentielle Einsamkeit des Einzelnen und Randfiguren der Gesellschaft, die durch Armut und Elend gekennzeichnet waren, standen meist im Mittelpunkt seines Schaffens.
In seinen ersten Lebensjahren zog seine Familie häufiger um, unter anderem 1872 nach Schönberg in Mecklenburg und 1877 nach Ratzeburg. Nach dem Tod des Vaters kehrte seine Mutter mit ihm und seinen Brüdern zurück nach Schönberg. Seine ersten Zeichnungen entstanden. 1888 begann er seine Ausbildung an der Allgemeinen Gewerbeschule in Hamburg zum gewerblichen Zeichenlehrer. Schnell wechselte er in die Bildhauerklasse von Theodor Richard Thiele, wo er vornehmlich Anatomie-, Akt- und Gewandstudien fertigte und Zeichnen und Modellieren nach dem Vorbild der Antike, Renaissance und Romantik lernte. 1891 wechselte er an die Königliche Akademie der Bildenden Künste in Dresden. Er besuchte neben seinen Kunstkursen auch Vorlesungen des Archäologen Georg Treu (1843-1921) über griechische Kunst. 1892 wurde er zum Meisterschüler von Robert Diez (1844-1922), der seine Schüler dazu ermunterte sich mehr den Naturstudien zu widmen.
1895 reiste er für Studienzwecke gemeinsam mit Carl Garbers (1864-1943) nach Paris, wo er ein Atelier neben Alphonse Osbert (1857-1939) bezog. Dieser stand im Mittelpunkt der Symbolistenszene, sodass Barlach mit dieser in Kontakt kam. Neben seiner Arbeit im Atelier studierte er an der Académie Julian.
1896 kehrte er zurück zu seiner Mutter nach Friedrichroda. Er blieb jedoch nicht lange und siedelte 1897 nach Hamburg über. Gemeinsam mit Garbers nahm er einen Auftrag für eine Figur für den Bürgermeistersaal im Hamburger Rathaus an. Ein Jahr später arbeitete er an einer Relieffigur des nördlichen Giebelfeldes am Neuen Rathaus in Altona. Außerdem zeichnete er für die Zeitschrift „Die Jugend“. 1899 ging er nach Berlin. Dort lernte er den Verleger Reinhard Piper (1879-1953) kennen, mit dem ihn eine enge Freundschaft verbinden sollte und der zahlreiche seiner literarischen Werke, die er im Laufe der Jahre veröffentlichen sollte, herausgab.
1901 zog Barlach wieder zurück nach Hamburg, um mit Garbers zusammen eine monumentale Neptun-Gruppe für das Verwaltungsgebäude der Hamburg-Amerika-Linie zu schaffen.
Drei Jahre später siedelte er nach Höhr im Westerwald über für ein kurzzeitiges Lehramt für Zeichnen, Malen und Modellieren an der Königlichen Keramischen Fachschule. 1905 zog er zurück nach Berlin. Zeichnungen für die Zeitschrift „Simplicissimus“ folgten in dieser Zeit. Gemeinsam mit seinem Bruder Nikolaus Barlach unternahm er Ende des Jahres eine Reise nach Südrussland, heutige Ukraine. Seine Begegnungen mit Bauern und Bettlern und seine Erlebnisse in der Steppe wurden für seine Kunst ausschlaggebend.
Durch den befreundeten August Gaul (1869-1921) lernte er den Galeristen Paul Cassirer (1871-1926) kennen, mit dem er ab diesem Zeitpunkt zusammenarbeitete. Außerdem trat er der Berliner Secession bei. Bei einer Ausstellung der Secession stellte er 1907 seine Skulptur „Russische Bettlerin“ aus. Im gleichen Jahr beendete er seine Arbeit für den „Simpliccismus“. 1909 nahm er auf Anraten von Cassirer und Max Liebermann (1847-1935) einen Studienaufenthalt in der Villa Romana in Florenz an. Bei seinem Aufenthalt in der Villa lernt er den Dichter Theodor Däubler (1876-1934) kennen.
Ein Jahr später hielt er sich in Güstrow auf und beteiligte sich an der ersten Sonderbundausstellung in Düsseldorf.
1913 trat er aus der Berliner Secession aus, in dessen Vorstand er erst 1910 gewählt worden war, und wurde Jurymitglied in der Freien Secession.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges nahm er eine Stelle als Betreuer in einem Hort für Soldatenkinder an. Anfangs noch kriegsbegeistert arbeitete er für die Künstlerflugschrift „Kriegszeit“, die von Cassirer herausgegeben wurde. 1915/16 musste er eine Ausbildung als Landsturmsoldat beginnen. Mit Hilfe einer Petition von Gaul und Liebermann wurde jedoch eine vorzeitige Freistellung erwirkt.
Nun begann er an der pazifistischen Zeitschrift Cassirers „Der Bildermann“ mitzuwirken.
Außerdem lernte er den Zeichenlehrer Friedrich Schult (1889-1978) kennen, der später die Barlach-Werkverzeichnisse herausgeben sollte.
1917 erhielt der Künstler seine erste Einzelausstellung im Kunstsalon Cassirer. Nach Kriegsende sollte er eine Professur in Dresden und Berlin erhalten. Diese lehnte er jedoch ab. Ebenso die Ehrendoktorwürde der Universität Rostock. 1924 wurde ihm der Kleist-Preis verliehen. Zwei Jahre später beteiligte er sich an der Internationalen Kunstausstellung in Dresden und lehnte eine weitere Berufung ab. Diesmal an die Kunsthochschule in Weimar.
Bei Arbeiten in Berlin lernte er 1930 Aristide Maillol (1861-1944) und den Kunsthändler Alfred Flechtheim (1878-1937) kennen, für den er über zwanzig Bronzen anfertigte.
Mit Zunahme der nationalsozialistischen Strömungen und schließlich deren Machtübernahme nahmen Diffamierungen ihm gegenüber zu. Weil er sich erhoffte den Vorwurf des „Kulturbolschewismus“ dadurch loswerden zu können, unterzeichnete er 1934 den „Aufruf der Kulturschaffenden“, der im Völkischen Beobachter veröffentlicht wurde. Das Manifest Goebbels, das die Zusammenlegung des Reichskanzler- und Reichspräsidialamtes in der Person Hitlers forderte, wurde ebenfalls von Erich Heckel (1883-1970), Emil Nolde (1867-1956), Ludwig Mies van der Rohe (1886-1969), Wilhelm Furtwängler (1886-1954), Richard Strauss (1864-1949) und 30 weiteren Kulturschaffenden unterzeichnet.
Dennoch wurden seine Werke teilweise 1937 als entartet eingestuft und systematisch aus dem öffentlichen Raum entfernt.
Barlach war ein vielseitiger Künstler, der vor allem durch seine Bronze- und Holzskulpturen hervorstach. Seine druckgrafischen, zeichnerischen und literarischen Werke waren ebenso herausragend.